Inklusion durch Kunst - ein kreativer Dialog
Im Rahmen eines inklusiven Schulprojekts in Kooperation mit dem museum gugging setzten sich Schülerinnen kreativ mit den Themen Identität, Inklusion und Kunst auseinander.1. Kennenlernen
Am 11. März 2025 im BRG Tulln sowie am 14. März 2025 in der Mittelschule St. Andrä-Wördern startete das gemeinsame Schulprojekt in Kooperation mit dem museum gugging. Zur Vorbereitung wurde schon im Februar 2025 eine Expertin eingeladen, um gemeinsam mit dem Museumsteam das inhaltliche Konzept sowie den Ablauf des Projekts zu entwickeln. Julia Haimburger ist Kunstvermittlerin und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Inklusive Museumsarbeit.
Julia Haimburger führte die Schüler*innen mit einem schülerfreundlich aufbereiteten Vortrag in das Thema Inklusion ein. Was heißt Inklusion? Woher kommt der Begriff, wer ist betroffen, und wie zeigt sich Ausgrenzung im Alltag? Durch anschauliche Grafiken und konkrete Beispiele wurde das abstrakte Thema greifbar gemacht. Anschließend gestalteten die Teilnehmenden individuelle Skizzen- und Notizhefte, in denen sie im Laufe des Projekts Gedanken, Eindrücke und Ideen festhielten.
2. Was macht mich aus?
Der Ablauf des Projekts verlief in mehreren Annäherungsstufen an das Thema. Wir wollten den Schüler*innen zeigen, dass jede Person eine sehr vielfältige Persönlichkeit hat und dass man viele Eigenschaften, Gefühle, Hobbys, Ängste und anderes nicht auf den ersten Blick sehen kann. Daher ließen wir die Kinder ein Porträt von sich selbst anfertigen, bei dem die eine Hälfte zeigt, wie sie sich selbst sehen, und die andere Hälfte des Gesichts aus Interessen, Gefühlen, mitgegebenen Traditionen und vielem mehr besteht.
Überraschenderweise war diese Aufgabe, an der sie in der gesamten Projektphase am längsten gearbeitet haben. Besonders deutlich war die Freude an der Arbeit mit dem eigenen Selbstporträt. Die intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Identität spiegelt die altersbedingte Selbstfindungsphase wider und wurde daher als besonders wertvoll erlebt. Jedes einzelne Bild ist sehr individuell und ausdrucksstark geworden.
Diese Erfahrung veranlasst uns, diese Aufgabe ähnlich mit in die Planung regulärer Angebote für Schulklassen aufzunehmen.
3. Die Künstler*innen aus Gugging kennen lernen
Das Museum Gugging liegt nicht nur idyllisch zwischen Wäldern und Feldern, sondern ist auch ein ganz besonderer Ort der Begegnung. Durch regelmäßige Besuche im Museum lernten die Jugendlichen Künstler*innen kennen, die vor Ort Kunst schaffen. Mit einer Schülergruppe besuchten wir das atelier gugging. Manche Künstler*innen zeigten uns, woran sie aktuell arbeiten, und erzählten, wo ihre Inspirationsquellen liegen.
Nach dem Besuch im Atelier erarbeiteten die Schüler*innen in Gruppen Plakate. Die Aufgabe lag in der Auseinandersetzung mit dem WIR – Ich in der Gruppe. Fotokopien von Klassenfotos wurden zerschnitten und neu zusammengesetzt – ein fantasievoller „Salat an Schüler*innen“ entstand. Dabei schauten die Künstler*innen den Schüler*innen über die Schulter und bewunderten ihren Einfallsreichtum.
Wunderschön war es für das Kunstvermittler*innen-Team zu beobachten, wie schnell Vorurteile, Ängste und andere Barrieren abgebaut wurden. Wir fragten die Schüler*innen, ob sie die Bilder im Museum nun anders betrachten, nachdem sie den oder die Künstler*in beim Arbeiten gesehen haben. Die Antwort war ein klares Ja. Sie meinten, jetzt könnten sie besser erkennen, welches Material oder welche Technik verwendet wurde und sie verstünden besser, was wir Vermittler*innen meinen, wenn wir von Dynamik, Schwung oder Zartheit im Strich sprechen. Darüber mussten wir sehr lachen.
4. Eine Ausstellung organisieren
Wir beschlossen, die fertigen Werke auch aufzuhängen.
Dabei ging es weniger darum, sie zu präsentieren, sondern vielmehr darum, die Ergebnisse des Prozesses organisiert, sorgfältig und übersichtlich sichtbar zu machen. Das Aufhängen der Bilder war bereits ein wichtiger Teil der Reflexionsarbeit.
Wir baten die Schüler*innen, einen oder mehrere Sätze zu formulieren – darüber, was sie erlebt, entdeckt oder gelernt hatten. Und da diese Sätze so ehrlich waren, beschlossen wir, sie als Ausstellungsbeschreibung zu verwenden.
Die Ergebnisse hingen für eine Woche im Workshopraum art labor, sichtbar für alle Besucher*innen. Die Schüler*innen und ihre Eltern und Freunde hatten für diese Woche freien Eintritt ins Museum. Wir freuten uns, dass dieses Angebot auch angenommen wurde.
5. Nachhaltigkeit und Ausblick
Basierend auf den gemachten Erfahrungen werden wir das laufende Angebot für Schulklassen adaptieren. Zentral bleibt die Auseinandersetzung mit dem Ich, da sie für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 14 Jahren besonders bedeutend ist. Themen wie Porträt und Selbstbild werden könnten fixer Bestandteil des Angebots werden.
Bei der Methodenauswahl wird darauf geachtet, dass kreative Techniken in kurzer Zeit umsetzbar sind und den Kindern vertraut vorkommen. Das reduziert Frustration und schafft Erfolgserlebnisse. Besonders positiv wurde der Wechsel zwischen Tischarbeit und großformatig angelegten Bodenarbeiten erlebt – Bewegung und Perspektivwechsel wirken sich positiv auf Konzentration und Kreativität aus.
Auch die in der Ausstellung erprobten Methoden zur Vermittlung künstlerischer Arbeitsweisen in Kleingruppen haben sich bewährt. Die direkte Auseinandersetzung mit der Frage „Was ist Kunst?“ beschäftigte viele Schüler*innen nachhaltig und wird auch in Zukunft ein zentraler Bestandteil sein. Die Verbindung von künstlerischem Arbeiten, kritischem Denken und sozialem Lernen soll das Programm für Schulgruppen zu einem wertvollen Beitrag für die Bildungsarbeit mit Jugendlichen machen.
Unterstützt durch externe Expertise und mit einem starken Fokus auf Inklusion schafft das museum gugging einen Raum, in dem junge Menschen erleben dürfen, dass jeder seinen Platz hat – in der Kunst wie in der Gesellschaft.
6. Dankeschön
Ein großes Dankeschön gilt den Lehrpersonen, welche den Weg mehrmals auf sich genommen haben, uns im Museum zu besuchen und uns immer herzlich in ihren Klassenräumen empfangen haben.
Den Schüler*innen danken wir herzlichst für ihre Bereitschaft mitzumachen, ihre Freude beim Machen neuer Erfahrungen und über ihre vielen kreativen Ideen die so inspirieren für unsere Arbeit als Kunstvermittlerin*innen sind.
Wir danken Julia Haimburger für ihre Expertise, Inspiration und unaufhörlichen Kampf für Gleichstellung.
Auch danken wir dem OEAD für die finanzielle Unterstützung und der wunderbaren Betreuung und Beratung im Rahmen des Förderprogramms culture connected 2025.